Reverse Charge Verfahren: So klappt’s!

Roberto Hamidi

Wenn du als Unternehmer oder Selbstständiger mit Kunden im Ausland Geschäfte machst, dann bist du dabei eventuell schon einmal über das Reverse Charge Verfahren gestolpert.

Was Reverse Charge genau ist und in welchen Fällen es angewendet wird erfährst du in diesem Artikel. Zudem bekommst du gezeigt, wie du dir großes Einsparpotenzial in Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Kunden zunutze machen kannst. Los geht’s!


Kunden im Ausland?

Vorsicht ist geboten, sobald Fremdwährung im Spiel ist. In vielen Fällen berechnen Banken nämlich einen ungünstigen Wechselkurs mit Aufschlag und hohe Gebühren, wenn eingehende Zahlungen in einer anderen Währung erfolgen.

Mit einem Multiwährungskonto lassen sich diese Kosten leicht vermeiden. Wise ermöglicht dir sogar lokale Bank Daten in den wichtigsten Währungen. Das bedeutet, dass der Kunde nicht mal eine Auslandsüberweisung tätigen muss! So kommt die Zahlung schnell und unkompliziert ans Ziel.

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Was ist Reverse Charge?

Reverse Charge ist ein englischer Begriff, der lose übersetzt soviel bedeutet wie “umgekehrte Belastung”. Der eigentliche Begriff lautet im Deutschen “Umkehr der Steuerschuld”.

Das Prinzip rührt daher, dass Unternehmer in Deutschland beim Auspreisen ihrer Waren und Dienstleistungen immer auch eine Umsatzsteuer berechnen. Diese sammeln sie von ihren Kunden ein, behalten sie allerdings nicht. Sie wird als durchlaufender Posten 1 zu 1 an das Finanzamt weitergegeben.

Bei Geschäften mit Kunden im Ausland sieht das anders aus. Verkauft ein deutscher Unternehmer seine Dienstleistung an einen Kunden in Österreich, so sammelt nicht der deutsche Unternehmer die Umsatzsteuer ein.

Aufgrund des Reverse Charge Verfahrens muss der österreichische Kunde die fällige Umsatzsteuer selbst an sein zuständiges Finanzamt überweisen. Klingt kompliziert? Es ist im ersten Moment komplex, doch im weiteren Verlauf des Artikels bekommst du noch eine Liste mit Ländern für die das Reverse Charge Verfahren gilt sowie einige Sonderfälle.

§13b UStG: Die Rechnung ohne Umsatzsteuer

In Deutschland ist in Paragraf §13b des Umsatzsteuergesetzes festgelegt, in welchen Fällen das Reverse Charge Verfahren gilt. Dies wird auch als “Leistungsempfänger als Steuerschuldner” bezeichnet.

Denn wie aus dem Beispiel mit dem Kunden aus Österreich erkennbar ist, wird nicht der leistende, deutsche Unternehmer verantwortlich für die Umsatzsteuer, sondern der empfangende Kunde in Österreich.

Eingeführt wurde dieser Paragraf aus zwei Gründen:

Zum einen sollte damit Umsatzsteuerhinterziehung vermieden werden. Denn in der Vergangenheit wurden über sogenannte “Karusselgeschäfte” Umsatzsteuern zum Vorabzug geltend gemacht, welche gar nicht abgeführt wurden.

Der andere Aspekt ist die Vereinfachung der umsatzsteuerlichen Abwicklung bei Geschäften im Ausland. Ohne diesen Paragrafen müsste in jedem Land, in dem eine Leistung erbracht wird, eine Umsatzsteuererklärung abgegeben werden.

Den genauen Paragrafen zum Reverse Charge Verfahren kannst du beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nachlesen.


Geschäfte im Ausland? Dann spare beim Wechselkurs.

Wenn du Geschäftsbeziehungen mit Kunden im Ausland hast und diese deine Rechnung begleichen sollen, musst du oft heftige Verluste durch den Wechselkurs in Kauf nehmen. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, herkömmliche Banken berechnen einen Wechselkursaufschlag, wodurch sie profitieren.

Dem kannst du mit Wise ein Schnippchen schlagen! Mit dem Geschäftskonto von Wise kannst du Geld in EUR, USD, GBP, SGD, AUD und weiteren Währungen unkompliziert und ohne Umrechnung empfangen.

Dieses lässt sich anschließend für die Bezahlung von Waren und Dienstleistungen in der gleichen Währung nutzen ohne, dass du Wechselkursverluste in Kauf nehmen musst. Und falls du das Geld doch in EUR wechseln möchtest, profitierst du vom fairen Devisenmittelkurs.

Er ist der echte Wechselkurs ohne Aufschlag, in etwa so, wie es dir auch Google anzeigt. Für die Umrechnung wird lediglich eine geringe Gebühr fällig, die du vor jeder Transaktion genau angezeigt bekommst. Die Zeit der bösen Überraschungen ist also vorbei.

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Reverse Charge Verfahren Länder Liste

Wenn in der EU eine “sonstige Leistung” von einem Unternehmer in einem EU Land an einen anderen Unternehmer in einem anderen EU Land geliefert wird, greift das Reverse Charge Verfahren.

“Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind.” Grob gesagt also alles, bei dem kein physischer Gegenstand ausgeliefert wird, sondern eine Dienstleistung erbracht wird.

Bei Geschäften mit folgenden EWR-Ländern gilt diese Regel und demnach das Reverse Charge Verfahren:

  • Belgien
  • Bulgarien
  • Dänemark
  • Estland
  • Finnland
  • Frankreich
  • Griechenland
  • Irland
  • Italien
  • Lettland
  • Litauen
  • Luxemburg
  • Montenegro
  • Niederlande
  • Österreich
  • Polen
  • Portugal
  • Rumänien
  • Schweden
  • Schweiz
  • Serbien
  • Slowakei
  • Slowenien
  • Spanien
  • Tschechien
  • Ungarn
  • Zypern

Eine weitere Regel betrifft den Fall, dass ein leistender Unternehmer im Ausland sitzt und der Empfänger in der EU. In diesem Fall wird der Empfänger nicht nur bei “sonstigen Leistungen” zum Umsatzsteuerschuldner, sondern auch bei Lieferungen.

Zwei Beispielfälle sind die Beratung eines deutschen Unternehmens durch einen US-Anwalt oder der Import von Waren aus China. In beiden Fällen wird der deutsche Unternehmer umsatzsteuerpflichtig.

Sonderfälle

Reverse Charge bei Metallen
Vorsicht ist geboten bei einigen Sonderfällen. So kann es sein, dass das Prinzip das Gleiche ist, das Verfahren jedoch einen anderen Namen hat. Oder es gelten bestimmte Umsatzsteuergrenzen, die erreicht werden müssen um das Reverse Charge Verfahren auszulösen.

Reverse Charge in der Schweiz

Die Schweiz gehört nicht zu der EU und deshalb sind die Umsatzsteuergesetze auch nicht so kompatibel mit den Deutschen, wie es mit anderen EU-Ländern der Fall ist. Reverse Charge Schweiz gibt es zwar, allerdings ist der Anwendungshorizont enger gesteckt.

Dazu kommt, dass ein ausländisches Unternehmen, welches in der Schweiz Geschäfte macht, weltweit jährlich höchstens 100.000 CHF an steuerbaren Umsätzen machen darf. Liegt es darüber, so muss es sich beim Finanzamt in der Schweiz registrieren und anteilig Umsatzsteuer bezahlen.

Reverse Charge bei Metallen

Metalle sind physische Objekte, fallen also im Prinzip nicht unter “sonstige Leistungen”. Es gibt allerdings eine Ausnahme für Edelmetalle und unedle Metalle, wonach diese nach dem Reverse Charge Verfahren besteuert werden.

Explizit wird dabei auf (un)edle Metalle in Rohform oder Pulver eingegangen, die an einen Unternehmer geliefert werden. Dabei besteht eine Bagatellgrenze von 5000 EUR pro Lieferung, bis zu derer das Reverse Charge Verfahren nicht angewendet werden muss.

Welche Metalle unter diese Sonderregelung fallen ist in Anlage 4 des UStG geklärt. Falls sich die Vertragspartner nicht einig sind, ob der Gegenstand unter diese Anlage fällt oder nicht, können sie sich freiwillig auf das Reverse Charge Verfahren einigen. Dann muss der Umsatz vom Leistungsempfängers in der jeweiligen Höhe versteuert werden.

Reverse Charge bei Drittländern

Obwohl das Reverse Charge Verfahren vor allem bei Geschäften mit EU-Kunden praktiziert wird, findet es auch Anwendung bei Geschäftsbeziehungen mit Kunden im Nicht-EU-Ausland.

Eine Reverse Charge Drittland Liste ist dabei nicht nötig, da jedes Land, welches nicht zu den EU-Mitgliedstaaten zählt, als Drittland gilt. So beispielsweise, China, die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien, Kanada, Schweiz oder die USA.

Reverse Charge USA würde beispielsweise so ablaufen, dass du als Deutscher Unternehmer bei empfangenen Leistungen zum Umsatzsteuerpflichtigen wirst und die geschuldete Umsatzsteuer selbstständig an das Finanzamt abführen musst.

Komplizierter wird die Sache, wenn du Leistungen ins Ausland erbringst. Manche Länder, wie die Schweiz, haben eine ähnliche Reverse Charge Regelung wie die EU. Andere Länder hingegen, worunter auch die USA fällt, haben gar kein Umsatzsteuersystem wie wir, weshalb dort auch keine Umsatzsteuer abgeführt werden muss.

In jedem Fall schreibst du einfach nur eine Nettorechnung, in der du keine Umsatzsteuer ausweist. Schreiben die jeweiligen Steuergesetze, wie in der Schweiz, eine Regelung vor, so versieh deine Rechnung mit einem Hinweis auf Reverse Charge. Andernfalls ist es nicht notwendig.

Für die genaue Gestaltung in deinem individuellen Fall ist deshalb die Zusammenarbeit mit einem Steuerberater unabdingbar. Die IHK Stuttgart empfiehlt zudem einen Hinweis aufzubringen mit dem Wortlaut: “Nicht im Inland steuerbare Leistung”.

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Steuerumkehrung nicht gilt, wenn du also Produkte ins EU-Ausland lieferst und vom EU-Ausland empfängst. Anders ist dies bei Produkten aus Drittländern, wo die Steuerschuldnerschaft auf dich übergeht, wenn du das Produkt empfängst.

Reverse Charge Rechnung erstellen

Reverse Charge Rechnung

Wie auch bei anderen Rechnungen, so gibt es bei den Reverse Charge Verfahren Rechnungsangaben gewisse Vorgaben, die erfüllt sein müssen, damit die Rechnung vom Finanzamt anerkannt werden kann.

Vorab ein Hinweis: Die nachfolgenden Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen, gelten allerdings nur als Orientierung. Bei genauen Fragen hinsichtlich Rechnungen empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem Steuerberater.

Folgende Angaben benötigst du bei einer Reverse Charge Rechnung, wenn du sie einem anderen Unternehmen in der EU stellst:

  • Umsatzsteuer Identifikationsnummer des leistenden und empfangenden Unternehmens
  • Angabe “Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers”
  • Vollständigen Namen und Anschrift des leistenden und empfangenden Unternehmens
  • Ausstellungs- und Lieferdatum
  • Fortlaufende Rechnungsnummer
  • Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der sonstigen Leistung

Wichtig ist, dass du die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweist, sondern im Prinzip eine “Netto Rechnung” stellst. Denn weist du Umsatzsteuer aus, so muss die zuviel berechnete Steuer an dein Finanzamt abgeführt werden, der Leistungsempfänger steht aber weiterhin in der Steuerschuld.

Zu beachten ist auch, dass es zwar gesetzlich vorgeschrieben ist, den Wortlaut “Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers” zu benutzen, es aber keine steuerlichen Nachteile gibt, wenn er nicht genutzt wird. Der Leistungsempfänger bleibt weiterhin Steuerschuldner.

Braucht man Reverse Charge als Kleinunternehmer?

Kleinunternehmer sind nicht zu einem Ausweisen der Umsatzsteuer in ihren Rechnungen berechtigt, müssen dafür aber auch keine Umsatzsteuererklärung abgeben. Daher liegt es nahe, dass auch Reverse Charge für sie irrelevant ist.

In der Realität sieht dies jedoch anders aus. Bekommt ein deutscher Kleinunternehmer beispielsweise eine Webseite von einem belgischen oder amerikanischen Unternehmen gemacht, so ist er der Leistungsempfänger nach dem Reverse Charge Verfahren und schuldet die Umsatzsteuer.

Der Nachteil für ihn ist, dass er die Umsatzsteuer nicht in einer Voranmeldung gültig machen und sie mit vereinnahmter Umsatzsteuer verrechnen kann. Dadurch bleibt er auf diesen Kosten sitzen. Im Idealfall sollten Kleinunternehmer also keine Leistungen von Unternehmen im Ausland in Anspruch nehmen.

Für die Rechnungsstellung gilt ebenso das Gleiche, wie für einen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer. Kleinunternehmer müssen eine USt-IdNr. beantragen und diese auf den Rechnungen angeben. Ebenso wird nur der “Nettobetrag” in Rechnung gestellt mit dem Vermerk auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger.

Fazit

Das Reverse Charge Verfahren kann auf den ersten Blick überwältigend wirken, doch wenn die Essenz verstanden ist, dann leuchtet es ein. Es erleichtert die Geschäftstätigkeit mit Unternehmen im Ausland und entbindet von Umsatzsteuerpflichten im Ausland.

Wenn du zudem nicht nur Zeit sondern auch Geld sparen möchtest, dann ist das Wise Business Konto das Richtige für dich. Damit bekommst du bei Fremdwährungsgeschäften immer den fairsten Wechselkurs und kannst Geld ganz bequem auch in Fremdwährungen empfangen.

Quellen:

  1. Was ist § 13b UStG und wie betrifft mich das?, HWP Partner, 2015
  2. Umsatzsteuergesetz (UStG)§ 3 Lieferung, sonstige Leistung, UStG, 2020
  3. Regelungen zur Steuerschuldumkehr in Europa ab 1. Januar 2015, IHK Köln, 2015
  4. Diese Leistungen bewirken den Wechsel der Steuerschuldnerschaft, Haufe, 2020
  5. Reverse Charge Verfahren Schweiz, Hellotax, 2020
  6. Reverse-Charge-Verfahren (Sonstige Anwendungsfälle) / 10 Lieferung von Edelmetallen und unedlen Metallen, Haufe, 2020
  7. Geschäfte mit dem Drittland oder sonstigem Ausland., Iris Thomsen, 2020
  8. Neue Pflichtangaben bei Reverse-Charge-Leistungen, Haufe, 2013
  9. Neue Pflichtangaben bei Reverse-Charge-Leistungen, Haufe, 2013
  10. Als Kleinunternehmer Rechnungen ins EU-Ausland schicken, Billomat, 2020

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